Vier Level der Exposition

Als Autor:In ist man irgendwann gezwungen Exposition in irgendeiner Form zu benutzen. Sie dient dazu die Leser darüber zu informieren, wo die Handlung stattfindet und welche Details der Szenerie für das Verständnis wichtig sind. Exposition kann jedoch sehr unterschiedliche Formen annehmen. Wenn ich an Exposition denke, dann rede ich meist von diesen vier gängigen Kategorien:

1 Infodump

Die geläufigste Version der Exposition. Der Autor stellt die Informationen in Form eines geschlossenen Textblocks zur Verfügung. Der Vorteil ist, dass solche Expositionen leicht zu schreiben sind. Der Nachteil ist, dass sie die eigentliche Handlung unterbricht. Im schlimmsten Fall gerät sie viel zu lang und der Leser überspringt diesen Teil einfach auf der Suche nach der nächsten Stelle, an der endlich wieder etwas passiert.

Jennifer saß im Taxi auf dem Weg ins Café, wo sie ihre alte Freundin Emilie treffen wollte. Die beiden hatten sich schon seit Ewigkeiten nicht mehr getroffen und Jennifer war aufgeregt, denn sie freute sich sehr ihre ehemals beste Freundin endlich wiederzusehen. Durch das Fenster versuchte sie das Café zu erspähen, während sie überlegte, wann sie Emilie das letzte Mal gesprochen hatte. Es musste zwanzig Jahre her sein, denn blablabla…  

2 Der sprechende Infodump

Eine einfache Methode den Infodump zu umgehen, ist es, ihn einfach Teil einer wörtlichen Rede werden zu lassen. Auf Basis von: Dialoge (respektive Monologe) kann man ja nicht genug haben. Der Vorteil ist, dass man in der Dialogform bleibt. Der Nachteil ist, dass das Ergebnis aufgesetzt und künstlich klingen könnte. Manchmal legt man seinem Charakter Worte in den Mund, die niemand jemals so sagen würde:

„Ich kann jetzt nicht“, erklärte Jennifer ihrem Gesprächspartner am Handy energisch. „Ich sitze gerade im Taxi auf dem Weg ins Café, wo ich meine alte Freundin Emilie treffen will. Wir haben uns schon seit Ewigkeiten nicht mehr getroffen und ich bin ganz aufgeregt, denn ich freue mich so meine ehemalige beste Freundin endlich wiederzusehen, denn blablabla…“   

3 Der Beat

Ich empfinde den Beat als charmante Lösung. Es ist ein kurzer Austausch zwischen zwei Personen, der das heimliche Abladen von Informationen erlaubt und dabei die Handlung nicht bremst. Mit ein bißchen Mühe fügt sich der Beat sauber in den Plot ein.

„Wohin geht’s denn?“, fragte der Fahrer.
„Zum Café Sowieso“, erwiderte Jennifer.
„Ist das im Stadtteil Irgendwo?“
„Keine Ahnung, ich war da selbst noch nie.“
„Wir finden das schon.“
„Meine Freundin wohnt da. Wir wollen uns dort auf einen Kaffee treffen.“
„Wie schön, sind sie schon lange befreundet?“
„Ja, ewig. Aber wir haben uns schon seit zwanzig Jahren nicht mehr gesehen.“
„Wirklich? Warum?“
„Weil…, blablabla“

4 Die Kür: Charakterzeichung im Beat

Dies beobachte ich bei Autor:innen, die meiner Meinung nach wirklich wissen, was sie tun. Hier wird nicht nur die Exposition im Gespräch versteckt, sondern die Reaktionen der Gesprächspartner erlauben en passant eine Ausarbeitung des Charakters. Man schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe. Die Handlung wird vorangetrieben und der Charakter gewinnt gleichzeitig an Tiefe.

Jennifer ließ sich mit einem Seufzer in den Beifahrersitz fallen.
„Zum Café Sowieso, bitte.“
„Ah“, machte der Taxifahrer, ein breit grinsender Mann in den Fünfzigern mit einem gewaltigen Bauch.
„Das ist doch im Stadtteil Irgendwo, dieses große Familien-Café. Meine Frau will da immer hin.“
„Oh Gott“, stöhnte Jennifer. „Familiencafé? Das heißt es ist vollgestopft mit schreienden Bälgern?“ Sie kramte bereits in ihrer überfüllten Handtasche. „Ich nehme wohl besser sofort ein Aspirin.“
„Heißes Date?“, frage der Fahrer und grinste noch breiter.
Jennifer schnaufte laut. „Schön wär‘s. Beste Schulfreundin. Wir kennen uns schon ewig, ich habe sie aber zwanzig Jahre nicht gesehen.“
„Wow!“, rief der Mann und riss die Augen auf. „So lange? Warum?“
„Sie hat einen Vollidioten geheiratet“, murmelte Jennifer, „und dann 12 Kinder in die Welt gesetzt, oder so.“
Der Fahrer strahlte.
„Viele Kinder sind doch etwas Wunderbares!“
Jennifer starrte ihn einen Moment lang regungslos an, dann wandte sie sich wieder dem Inhalt ihrer Handtasche zu.
„Ich nehme besser gleich zwei.“

 

 

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