Der elektrische Engel – Fun Facts

Im Jahr 2018 ist mein erster Roman Der elektrische Engel erschienen. Im Folgenden habe ich eine Liste von Fun Facts zusammengetragen, welche dem Leser ein paar Hintergrundinformationen zu einigen der nicht ganz so offensichtlichen Motiven zur Verfügung stellen.

Fun Fact 01:

In der Episode Der elektrische Engel bekommt die kleine Betty moralische Unterstützung von Ihren beiden Stofftieren Schnuffi und Pummel. Meine allererste Freundin hatte, als sie klein war, einen Lieblings-Stoffhasen namens Schnuffi. Ich hatte als kleiner Junge einen Stoff-Bären namens Pummel. Mit ihm habe ich, in Ermangelung von Freunden, oft lange und tiefe Gespräche geführt. Auch damals ist er dabei immer wieder eingeschlafen.

Fun Fact 02:

In der Episode Ins Leben singen wird impliziert, dass Bettinas Mutter verstorben ist. Die ganze Geschichte basiert auf meiner Überlegung, wie ein Kind, dass mit virtuellen Welten aufwächst, in denen alles möglich ist, mit einem Trauma wie dem Tod der Mutter umgehen würde. Tatsächlich wird das Motiv des Engels aber bereits in der zweiten Episode angedeutet. Dort trägt die Mutter in der letzten Szene auf dem Urlaubsfoto Feenflügel (Engelsflügel).

Fun Fact 03:

In der Episode Feenflügel schreit die Feen: „Aaah, ein haariges Monster!“, als sie den Zauberer sieht. Als ich vor hundert Jahren in der Pubertät ankam, war eine meiner Klassenkameradinnen für ein halbes Jahr ins Ausland gegangen. Als sie zurückkehrte, traf ich sie abends auf einer Party. In der Zwischenzeit hatte ich mir aber die Haare sehr lang wachsen lassen. Als sie mich das erste Mal wiedersah, brüllte sie durch den ganzen Partyraum: „Aaah, ein haariges Monster!“

Fun Fact 04:

In der Episode Ins Leben singen singt die junge Bettina viel und steigt auf einen runden, hohen Turm. Die allererste Version der Geschichte entstand für eine Ausschreibung zum Thema Musik im Ruhrgebiet. Kein Witz. Der Turm war ursprünglich das Gasometer in Oberhausen. Die Geschichte wurde abgelehnt.

Fun Fact 05:

Bettinas kleiner Assistent in der Episode Ich sehe Dich ist der Squid Baron aus den Shantae-Videospielen. Einfach in der Bildersuche Shantae Squid Baron eingeben.

Fun Fact 06:

In der Episode Ich sehe Dich erklärt Jenny, dass sie den Assistenten Ihres Vaters verloren hat, als sie ihm befahl zu verschwinden. Das ist eine Referenz an die Kurzgeschichte Little Lost Robot (1947) von Isaac Asimov, in der Susan Calvin einen Roboter wiederfinden muss, dem ebenfalls gesagt wurde, er solle verschwinden.

Fun Fact 07:

Die Episode Der Traum vom Mars endet mit dem gleichen Satz, wie die Kurzgeschichte The last question (1956) von Isaac Asimov. Es ist Asimovs berühmteste Geschichte und als ich den letzten Satz das erste Mal im Alter von zwölf Jahren las, wäre mir fast das Buch aus der Hand gefallen. Ansonsten sind die Geschichten nicht nur vollständig unterschiedlich, auch die Wendung wird in einem extrem gegensätzlichen Sinne verwendet. Bei Asimov ist sie wundervoll, bei mir eher gruselig.

Fun Fact 08:

In der Episode Liebe ist … wird ein Professor Kwang Duk erwähnt. Das ist der Name, mit dem sich der Barkeeper in der MASH-Episode Officers Only vorstellt. Frank Burns entgegnet daraufhin in der deutschen Synchronisation: „Das ist ja ein niedlicher Name.“, woraufhin der Barkeeper mit ausdruckslosen Gesicht erwidert: „Wir sind auch ein niedliches Volk.“
In MASH wiederum ist der Name eine Referenz auf den Mönch Quảng Đức, der sich 1963 aus Protest gegen den Vietnam-Krieg öffentlich verbrannte. Mit Referenzen muss man echt aufpassen.

Fun Fact 09:

In der Episode Der vierte Roboter habe ich wirklich alles versucht, um nicht immer an Disneys Wall-E zu denken, wenn es um die Roboter ging, aber ich kann nicht anders. Die Referenz ist einfach zu offensichtlich.

Fun Fact 10:

In der Episode Erleuchtung garantiert wird die sogenannte Blumen-Predigt des Buddhas referenziert. In dieser Geschichte hält der Buddha seinen Mönchen eine Lehrrede, indem er wortlos eine weiße Blume empor hält. Niemand versteht, was der Buddha damit meint, außer Mahākāśyapa, der lächelt. Dies gilt als die Geburtsstunde des Mahayana-Buddhismus, zu dem auch das Zen gehört. In dieser Schule wird das Studium der alten Texte durch eine sogenannte direkte Übertragung von „Herz zu Herz“ ersetzt. Das erschien mir passend für einen hundert Tonnen schweren Roboter aus Stahl, der nicht sprechen kann.

Fun Fact 11:

In der Episode Spieglein an der Wand überzeugt eine künstliche Intelligenz Bettina Calvin, dass Ihre Haare fürchterlich aussehen, woraufhin die sonst so kühle und rationale Psychologin sich am Ende zu einem Friseur fahren lässt. Diese Wendung ist eine Hommage an die Kurzgeschichte Liar! (1941) von Isaac Asimov. Dort überzeugt ein lügender Roboter Susan Calvin, dass ein Kollege von ihr in sie verliebt ist. Die sonst so kühle und rationale Wissenschaftlerin beginnt daraufhin sich zu schminken und hübsch zu machen.

Fun Fact 12:

In der Episode Das fünfte Wesen nimmt die Geschichte eine etwas abrupte Wendung, als die Protagonisten ihren Ehemann erschießt. Das war eigentlich nicht geplant. Die beiden sollten die wahre Natur des Tests schon gemeinsam aufdecken. Allerdings kam der Ehemann mit einem derart kitschigen Spruch, dass ich beim Schreiben noch dachte, dass er mit dem Gesülze aufpassen sollte, damit ihn die Soldatin dafür nicht direkt erschießt. Was soll ich sagen…

Fun Fact 13:

In der Episode Gott schütze den König hat sich die künstliche Intelligenz, die den Schwarm übernimmt, bei der Wahl ihrer Erscheinung offensichtlich von der Matrix inspirieren lassen. Genauer gesagt vom Deus Ex Machina, dem intelligenten Interface der Maschinenstadt in Matrix Revolutions. Dieser bildet ebenfalls ein großes humanoides Gesicht aus einem Schwarm fliegender Drohnen. Wir sollten das nicht verurteilen, auch eine künstliche Intelligenz muss das Recht haben sich von schlechten Filmen inspirieren zu lassen.

Fun Fact 14:

In der Episode Die erste Frage stellt die Menschheit der künstlichen Intelligenz, die ihre Welt regieren soll, die erste Frage. Dies ist eine Hommage an die Kurzgeschichte The last question (1956) von Isaac Asimov, in der die Menschheit der künstlichen Intelligenz, die ihre Welt regiert eine letzte Frage stellt, die sie aber nicht beantworten kann. Bei Asimov vergehen hunderttausende Jahre, bevor die künstlichen Intelligenz eine Antwort findet. In meiner Geschichte lügt sie einfach. Ich bin da pragmatischer.

Fun Fact 15:

Die Episode Das Feuer der Götter begann als eine Geschichte für eine Ausschreibung, in der ein Mensch alleine an einem grünen Haus am See im Exil leben sollte. Dieses Gefühl der Einsamkeit sollte Thema sein. Ich habe auch wirklich mit dem besten Vorsatz angefangen. Als mir klar wurde, dass mein Protagonist im Exil eine wahnsinnige künstliche Intelligenz mit Allmachtsfantasien war, die in einem virtuellen Gefängnis für alle Ewigkeiten eingesperrt war, hatte ich schon so den Verdacht, dass die Geschichte abgelehnt werden würde. War auch so.

Fun Fact 16:

In der Episode Verlorene Geschichten tauchen erstmals Theravada-Mönche als Protagonisten auf. Die Namen und Titel können ein wenig verwirrend sein. Die Anrede Ajahn kommt aus dem thailändischen und wurde dort von dem Pali-Wort ācariya adoptiert. Es ist eine respektvolle Anrede, ähnlich dem japanischen sensei und bedeutet schlicht Lehrer. Es wird benutzt, um Mönche anzureden, die in Thailand ordiniert wurden und ihre Robe seit zehn Jahren tragen. Die Anrede Bhante kommt aus dem Pali, und bedeutet Herr oder Ehrwürdiger. Es dient als ehrerbietende Anredeform für buddhistische Mönche und ist universaler als das thailändische Ajahn.

Fun Fact 17:

In der Episode Der vierte Roboter kommt ein forscher Captain Reynolds mit schwingenden Armen in den Raum gerudert. Das ist eine kleine Hommage an Hofrat Dr. Behrens aus Thomas Manns Zauberberg, der einen ähnlich polternden Duktus pflegt und auch jeden Morgen in gleicher Weise in den Speisesaal des Sanatoriums Berghof gerudert kommt.

Fun Fact 18:

In der Episode Das Feuer der Götter ruft das Projekt Prometheus nach seiner Schöpferin Bettina Calvin. Er ruft: „Warum hast Du mich verlassen?“ Natürlich ist dies eine Referenz an die letzten Worte Jesu: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ (Mk 15,34 EU; Mt 27,46 EU). Ich konnte nicht anders, das war aber auch eine Steilvorlage.

Fun Fact 19:

In der Episode Die erste Frage erscheint die künstliche Intelligenz den Menschen in Form eines großen, schwebenden Kopfes. Als ich die Geschichte schrieb, hatte ich dieses Motiv sofort vor Augen und habe nie auch nur darüber nachgedacht, warum ich mich eigentlich ausgerechnet für einen großen Kopf entschieden habe. Vor kurzem fand ich dann in meinen Aufzeichnungen eine zweiundzwanzig Jahre alte Bleistift-Skizze, die einen riesigen Kopf zeigt, der von Strichmännchen angebetet wird. Unser Unterbewusstsein hat wirklich einen schockierend langen Atem, wenn es darum geht Motive in Geschichten unterzukriegen.

Fun Fact 20:

In der Episode Verlorene Geschichten erklärt der Protagonist, dass seine Schüler ihn den Nachtregenmönch nennen. Diese kleine Episode ist inspiriert durch einen sehr kurzen Bericht in Thomas Clearys Buch Zen Antics: A Hundred Stories of Enlightenment (1993). Dort wird von dem Zen-Meister Ranryo erzählt, der den Nachtregen so sehr mochte, dass er gerne die ganze Nacht hindurch meditierte. Aus diesem Grund begannen die Bewohner des nahen Dorfes, die seinen Namen nicht kannten, ihn den Nachtregenmönch zu nennen.

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